Neben der Tatsache, dass wir in Deutschland ganz offenbar ein digitales Entwicklungsland sind und die wenigsten Schulen technisch ausreichend gerüstet sind, um digitalen Unterricht anbieten zu können (mal abgesehen davon, dass die Unterrichtsinhalte auch nicht über geschützte Server angeboten werden) – hier in Deutschland wird immer wieder darüber geklagt, dass beim digitalen Unterricht der persönliche Bezug zwischen Lehrer und Schüler verloren geht.
Corona hat die ganze Welt erfasst. Eine PANdemie eben. Auch Indien musste Regelungen treffen, um die Ansteckungsraten wenigstens grundsätzlich einzudämmen. Die indische Antwort war: containment-Sperre. Eine komplette Ausgangssperre für alle – das war ein ganz großes Problem für die vielen Menschen in Indien, deren Schlafplatz unter Plastikplanen auf der Straße ist.
Auch alle Schulen, Colleges und Universitäten waren über Monate geschlossen. Aber Indien ist ein Land, in dem Bildung die wichtigste Eintrittskarte für ein besseres Leben ist, und insbesondere Kerala gehört zu den wirtschaftlich besser gestellten, aber vor allem auch zu den Bundesstaaten, in denen es eine sehr hohe Alphabetisierungsrate gibt: 98% aller Kinder – auch die Mädchen!! – besuchen die Schule mindestens 9 Jahre lang. Die seit über 40 Jahren regierenden Kommunisten in Kerala haben das u.a. damit geschafft, dass der Schulbesuch kostenfrei ist und dass alle Schüler in der Schule ein ebenso kostenfreies Mittagessen erhalten. Damit überzeugte die Politik auch die sehr armen Familien im Land: ihre Kinder waren in der Schule versorgt und wurden satt!
Der Wert von Bildung ist im Bewusstsein der Bevölkerung inzwischen fest verankert. Und so hat sich das Schulsystem in Kerala schnell und flexibel auf die Situation während Corona eingestellt: Zu Schuljahresbeginn im Juni waren die Strukturen für digitalen Unterricht entwickelt. Die Lehrer*innen bereiteten den Stoff digital vor, und im öffentlichen Fernsehen wurden Programme ausschließlich für den staatlichen Unterricht bereitgestellt. Fernseher gibt es in Indien in den meisten Familien, damit war die Grundversorgung gesichert. Homeschooling per Internet, per öffentlichem Fernsehen und per Handy – eine Versorgung über mehrere Kanäle mit dem Ziel, möglichst alle Schüler zu erreichen. Lehrkräfte kommunizieren mit ihren Schülern über das Handy, sie nehmen sich beim Erklären des Stoffes als Sprachnachricht auf, können dies als WhatsApp versenden und können auf Rückfragen eingehen.
Es ist immer gut, mal über den Tellerrand zu schauen.
Homeschooling in Kerala könnte uns ein gutes Beispiel sein.
Wenn man sich weiter darüber informieren will, gibt es zwei gute Links zum Thema:
Homeschooling in Indien
Was ist eigentlich gerade los in … Indien?